« Genügsame Einrichtung mit unvollkommener Schönheit »
Im ersten Moment irritiert die Raumgestaltung, weil sie leer und unvollständig wirkt. Wenige Sekunden später steht fest, dass nichts fehlt. Herrlich ist bei Wabi Sabi die Einfachheit. Denn der japanisch inspirierte Wohntrend beschert ein herzerwärmend ruhiges Flair. Was es genau damit auf sich hat und wie sich der Trend im Wohn-Design widerspiegelt, das sehen wir uns etwas näher an.
Ein Wohntrend, der einfache Wohnkultur zelebriert
Das Wort „Wabi“ verweist auf ein naturnahes Dasein, das schlicht und ungekünstelt ist. Das ist schon einmal eine Gemeinsamkeit mit skandinavischem Design. Der Begriff „Sabi“ beschreibt den unvermeidbaren Lauf der Dinge: Alles ist ständig im Fluss und vergänglich. Den perfekten Zustand gibt es nicht. Diese Erkenntnis behindert nur in der westlichen Welt das Glücksgefühl.
In Japan bewegt sie zur optimistischen Lebensphilosophie: Die alltäglichen Kleinigkeiten werden samt ihrer Fehler genauso geschätzt wie die Leere und Stille. Jeder Augenblick wird gewürdigt, weil er einen Wimpernschlag später der Vergangenheit angehört.
Die Philosophie prägt Gedankengänge genauso wie die Kunst, das Wohnen und das Design. Was den Wabi Sabi Einrichtungsstil ausmacht, verdeutlicht ein kleines Beispiel: Fast komplett frei ist die Ablage des niedrigen Sideboards. Dort entdeckt man nur das schlichte Tablett Fionia von Skagerak.
Das naturbelassene Holz darf genauso authentisch sein wie die unregelmäßig geformten Teeschalen, die darauf drapiert sind. Spontan stellt man sich vor, wie jemand daraus trinkt und in der Zeitung liest. Was in ihr steht, ist im Moment spannend und morgen bereits überholt. Das Arrangement besteht aus Alltagsgegenständen. Sie werden zur dekorativen Botschaft, weil nichts anderes auf der Anrichte steht. In der Gegenwart fühlen sich die Sinne oft überfordert. Viele Menschen beäugen überflüssigen Konsum kritisch.
Der Wabi Sabi beschränkt sich nicht nur auf das Wesentliche, sondern rückt es ins Rampenlicht. Zur modernen Lebensauffassung passt die Denkweise deshalb fabelhaft, die im Ursprungsland eine lange Tradition hat. Es geht somit nicht um einen Wohntrend, der sich bald erledigt. Vielmehr ist Wabi Sabi eine Inspirationsquelle für achtsame Gewohnheiten, deren Wert man schnell zu schätzen lernt.
Nachhaltiger Mix: betagte Lieblinge und neue Multitalente
Der etwas wuchtige Ohrensessel stammt von der Großtante. Das leicht verschlissene Sitzkissen liebte der Großvater. Es ist typisch, vererbte Einzelstücke in Ehren zu halten und mutig zu kombinieren. Das widersprüchliche Design passt genauso zur Idee von Wabi Sabi wie die Gebrauchsspuren. Auffallend simpel präsentiert sich das moderne Daybed aus der Kollektion Lounge Around von Umage. Es ergänzt die bequemen Erbstücke, lädt zum Mittagsschlaf ein und dient als Meditationsunterlage.
Am Design-Esstisch Georg von Skagerak trifft sich das Ehepaar zu den Mahlzeiten. Seine Machart wirkt genauso genügsam wie die beiden Hocker. Die passende Bank signalisiert, dass heute Besuch erwartet wird. Ansonsten steht sie im Flur und dient als Ablage. Filigran ist das Massivholz ausgeführt.
Das verleiht der Sitzgruppe eine optische Leichtigkeit und schont Ressourcen. Es wird nicht mehr Naturmaterial verwendet als nötig. Fast improvisiert wirkt die Befestigung der grauen Design-Sitzkissen mit einer Schnur. Klassisch für den Wohntrend Wabi Sabi ist das Zusammenspiel aus hellen und dunklen Naturtönen.
Mut zu großzügigen Freiräumen
Häufig wird Wabi Sabi als Purismus in Reinform beschrieben. Das Resümee zielt etwas an der Realität vorbei. In der westlichen Kultur verbindet man damit eine konsequente Geradlinigkeit und Reduktion aufs Wesentliche, die in jeder Hinsicht perfekt ist. Der fernöstliche Stil bringt bewusst Asymmetrien, Rundungen und organische Formen ins Spiel. Denn seelenlos erscheint eine Einrichtung, die zu vollkommen ist.
Japanisches und skandinavisches Design haben überraschend viele Gemeinsamkeiten. Japandi kombiniert Elemente aus beiden Kulturen.
Der moderne Wohntrend berücksichtigt auch die Gestaltungsideen von Wabi Sabi: Ungewöhnlich viel Fläche gönnt man dem Klappstuhl Saxe von by Lassen.
Stilvoll relativiert die Design-Marke seine Schlichtheit durch braunes Leder. Es wirkt edel und passt gut zum asiatischen Wohnkonzept, das Naturmaterialien bevorzugt.
Daneben gleicht der grazil gefertigte Beistelltisch von by Lassen einem Hauch von Nichts. Die Zurückhaltung ist adäquat: Er assistiert nur, wenn man den Sessel nutzt. Das ungeteilte Rampenlicht hat sich der bequeme Lieblingsplatz für die Verschnaufpause verdient.
Lässig sind die Boxen Frame von by Lassen auf dem Boden gestapelt. Sie verweisen auf Japans Vorliebe für Schatullen. Darin verschwindet Kleinkram, damit das Umfeld geordnet wirkt.
Pointierte Beleuchtung mit dekorativem Touch
Es würde dem Wohntrend Wabi Sabi widersprechen, den gesamten Raum zu illuminieren. Im Alltag schaltet man die Design-Leuchte ein, die den genutzten Wohnbereich erhellt. Andere Lampen bleiben aus, damit sich ein Wechselspiel aus Licht und Schatten ergibt.
Assoziationen mit japanischer Reispapierkunst weckt das Modell Hashira von menu. Im übersichtlich möblierten Wabi Sabi Wohnzimmer avanciert die säulenartige Stehlampe zum Blickfang.
Zum lockeren Trio vereinen sich die tulpenförmigen Pendelleuchten von Le Klint, die von Hand gefaltet sind. Das dezent skulpturale Design der Umage Holzleuchte Clava Up passt fabelhaft zum Land der aufgehenden Sonne.
Sobald man sie einschaltet, beleben ihre Lichtreflexionen die Wand, die ansonsten frei von Deko ist. Alle vorgestellten Leuchten bekennen sich zur Handwerkskunst, die typisch für das Wabi Sabi Ambiente ist.
Tipps für die Dekoration: vereinzelt und nützlich
Der zeitlose Wohntrend Wabi Sabi und der jüngere Japandi-Style sind ideal, wenn die kreative Ader fehlt. Denn auf Deko ohne Mehrwert für die individuellen Lebensgewohnheiten verzichtet man komplett. Lediglich sporadisch tauchen praktische Eyecatcher auf.
Das Rattangeflecht beim Nest Hocker von Cane-line ist wunderschön, aber eher rustikal als perfekt. Zum liebenswürdigen Blickfang wird dadurch das Design-Wohnaccessoire. Im Kern geht es aber nicht um die Raumdeko. Das Multitalent von Cane-line dient als Beistelltisch und Sitzgelegenheit.
Eigenwillig ist die Kombination von Teakholz und Aluminium. Man könnte vermuten, dass die betont einfach konzipierten Wandablagen ein DIY-Resultat ist. Tatsächlich hat Cane-line die Wall Boxen beigesteuert.
Die beiden Kästen in Lavagrau und Weiß sind die einzigen Regale. Dadurch wecken sie das Interesse und avancieren zur Wanddekoration. Die Boxen integrieren zudem etwas Stellfläche, die man für Alltagsgegenstände und Andenken benötigt.
Völlig kahle Wände passen selten zum westlichen Geschmack. Eine Wohnwelt ohne Kerzendeko ist für viele Menschen ebenfalls nicht vorstellbar. Für beide Wünsche liefert menu mit der Kollektion POV Circle eine Antwort, die bestens mit Wabi Sabi harmoniert: Zur hauchzarten Design-Wanddeko vereinen sich die grazilen Metallringe. Jedes Exemplar von menu inszeniert nur eine Blüte oder Kerze.
Dinnertafel, Sofa-Ecke oder Balkon: Die tragbare Leuchte Candle Light von Le Klint ist immer dabei, wenn es gemütlich wird. Sie wirkt wie eine nostalgische Handlaterne mit Kerzenlicht. Das passt zur Wohndeko, die japanisch inspiriert ist. Der Eindruck täuscht: Insgeheim ist die Akkuleuchte mit LED-Licht von Le Klint hochmodern.
Zurück zum inneren Frieden, dank dem Wohntrend Wabi Sabi
Die wohltuende Art des Einrichtungsstils lässt sich leicht erklären. Wabi Sabi basiert auf buddhistischen Weisheiten, die auch den Japandi-Style inspirieren. Die Ursprünge reichen bis ins Mittelalter zurück.
Mit dem Buddhismus eng verknüpft sind diverse Künste. Dazu zählen die Zen-Gärten, für die es Miniatur-Ideen gibt. Gleiches gilt für die florale Kunst Ikibana. Fabelhaft eignet sich das Pflanzfach Botanic von Design House Stockholm für Tischdekos, die typisch japanisch sind und mit skandinavischem Design harmonieren.